Unterbärchi

Redaktion/Autor: Markus Aschwanden KKI
Drohnen-Fotografie: Felix Aschwanden

Erstellt: 2020
Datensammlung: Markus Aschwanden

Foto 002455    Die Unterbärchi liegt am östlichen Rand des Isenthal auf einer Terrasse über dem Urnersee auf 760 m ü. M. Der alte Landweg von Bauen ins Isenthal führt am oberen Rand des Häimä entlang hinauf zur Vorderbärchi. Die Liegenschaft erstreckt mit ca. 150 Höhenmetern hinauf bis fast zur Ebene bei der Vorderbärchi

Drohnen-Video: Flug über die Unterbärchi

Grundbuch

Liegenschaft Nr. 172

(Hauptbuchblatt 10), Plan Nr. 16, Unter Bärchi
53’239 m²

Eigentümer
Josef Aschwanden-Kempf
Bärchi 1, 6461 Isenthal

 

 

Die Besitzer der Unterbärchi

1859  Nikolaus und Anna Aschwanden     Nikolaus und Anna  Aschwanden-Zurfluh kaufen die Unterbärchi Mitte des 19. Jh. Sie betreiben die Liegenschaft von Bauen aus, wo sie im Gurgeli, mit Sägerei und Rossstall an der Bachmündung,  ihren Wohnsitz haben.

Danach übernimmt Sohn Johann Josef Aschwanden von Bauen die Unterbärchi.

Über die nächsten im Hypothekarbuch Uri verzeichneten Besitzer Franz Maria Imhof Vater, Dominik und Franz Imhof Söhne  von Flüelen.   liegen keine näheren Angaben vor. Diese Familie wohnt während des ganzen Jahres in der Unterbärchi. Sohn Franz Imhof heiratet und hat eine Tochter.

Foto 15271          

1923, am 4. Mai, ersteigert Josef Jauch 1895-1987, Wang, ein Miseeler, die Unterbärchi von den Erben des Franz Imhof sel. Der Kaufpreis beträgt 16’000 Fr. Die Liegenschaft umfasst Wies- und Magerland mit Haus, einem Stall und einem Gädeli. Die noch lebende Frau des verstorbenen Besitzers erhält ein Wohnrecht. Auch deren Tochter hat das Recht bis zum Tod der Mutter in der Unterbärchi zu wohnen.

Drei Gerüchte, die im Dorf erzählt wurden   (festgehalten vonPfarrer Isidor Truttmann)

1.   Die Tochter des Vorbesitzers Franz Imhof sel. soll mit einem einem Johann Aschwanden aus Bauen  ein Verhältnis gehabt haben. Josef Jauch, der neue Besitzer der Unterbärchi, haben die häufigen Besuchen dieses Mannes bei Tag, aber auch bei Nachtzeiten, im Haus auf der Unterbärchi gar nicht gepasst. Josef Jauch habe selber ein Auge auf die Tochter geworfen. Darüber sei es zum Streit zwischen den beiden Männern gekommen.

2.   Josef Jauch soll manchmal etwa gewildert haben. Danach soll er am Abend in der Unterbärchi eine Laterne angezündet haben. Von der Tellplatte her sein dann ein Käufer mit einem Boot an die Isleten gefahre, um das Fleisch in Empfang zu nehmen. Johann Aschwanden von Bauen soll das beobachtet und Josef Jauch erpresst haben.

3.    Im Herbst 1923, nach dem Tod der Mutter, zog die Tochter von der Unterbärchi weg. Danach behauptete Johann Aschwanden von Bauen, die Tochter habe ihm das Heu verkauft. Josef Jauch sagte: “Das Heu, das auf meinem Grund Boden liegt, gehört mir.” Johann Aschwanden bezeichnete ihn darau als Schelm. Zeugen informierten Josef Jauch dann, dass Johann Aschwanden das Heu bei Nacht und Nebel abtransportiert habe. Josef Jauch ging nach Bauen um ein klärendes Gespräch zu suchen. Dabei kam es vor drei Freunden von Johann Aschwanden zu einem wüsten Streit. Josef Jauch stiess dabei in seiner Wut schwerwiegende Drohungen aus.

Meldung beim “Landjäger” in Isenthal

Nach der tödlich zu Ende gegangenen Begegnung auf dem Hundschupf entschloss sich “dr Miseeler Sepp”, den Vorfall dem “Dorfjäger” in Isenthal zu melden. Dieser berichtete später dem Verhörrichter:”Am 16. Dez. 1924 um 1.00 Uhr klopfte es an mein Zimmerfenster. Draussen stand Josef Jauch. Er erzählte mir, er habe den Aschwanden erschossen. Ich wollte es ihm nicht so recht glauben und befahl, er solle nochmals nachschauen. Um 6.30 Uhr klopfte Jauch wieder an mein Fenster. Ich liess ihn in meine Wohnung eintreten. Jauch berichtete, Aschwanden liege immer noch am gleichen Ort, … Darauf riet ich ihm, sich der Polizei in Altdorf zu stellen.”

Das Gericht klagt an

Wie die Tötung von Johann Aschwanden durch Josef Jauch abgelaufen ist, wurde nie ganz klar. Hätte das Gericht die Tat als Mord entschieden, wäre Josef Jauch vermutlich geköpft worden, weil damals in Uri noch die Todesstrafe galt.
Das Urteil des Kriminalgerichts Uri sprach am 13. Febr. 1925 folgendes Urteil:  Der Angeklagte Josef Jauch hat sich schuldig gemacht des Totschlages. Der Angeklagte wird zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt.

Foto 13245              1925 kauft Theodul Bissig 1869-1945 von der Mittleren Bärchi, die Unterbärchi. Theodul Bissig wohnte mit seiner Familie bis 1908 in der Heissrüti, bis ein gewaltiger Felsbrocken das Haus total zerstörte. Dank Unterstützung durch Gemeinde und Pfarramt kann die Familie Bissig die Mittlere Bärchi nach dem Tod des letzten ledigen Besitzers, Jost Aschwanden, übernehmen. Da die Mittlere Bärch ein eher kleines Häimä ist, passt die Unterbärchi bestens als Ergänzung.

Theodul Bissig und Familie bleiben wohnhaft in der Mittleren Bärchi und bewirtschaften die Unterbärchi von dort aus. Das Heu bleibt in der Unterbärchi. Im ersten Teil des Winters wird das Vieh in der Unterbärchi gefüttert.

Foto  05295 und 17289                 1949, nach dem Tod ihres Vaters Theodul, werden die vier Bissig-Geschwister: Marie, Frieda, Theodul und Rosa gemeinsame Besitzer der Mittleren Bärchi und auch der Unterbärchi. Frieda geht dann ins Kloster. Marie, als “Oberhaupt”, Duli und Rosi führen fortan die beiden Häimä.

 Foto 17767 und 17756             

1966 können Alois 1918-2002  und Anna 1925-2006  Aschwanden-Arnold , Hinterbärchi, von den Geschwistern Bissig, Mittlere Bärchi, die Unterbärchi kaufen. Erstaunlich ist, dass der Wert der Liegenschaft 1966 nur noch knapp 12’000 Fr. beträgt, während Josef Jauch 1923 noch 16’000 Fr. bezahlte.

Foto  17751 

1982  übernimmt Josef Aschwanden die Hinterbärchi und die Unterbärchi von seinen Eltern.              

Eigentums-Übergänge in der Unterbärchi laut Hypothekarbuch Uri und anderen Quellen

Mitte 19. Jh. Nikolaus und Anna Aschwanden, Gurgeli Bauen
Johann Josef Aschwanden, Bauen (vermutlich Sohn)
Franz Maria Imhof Vater, Dominik und Franz Imhof Söhne von Flüelen
1923 Josef Jauch 1895-1987, Wang (Miseeler)
1925 Theodul Bissig 1869-1945, Mittlere Bärchi
1949 Geschwister Marie, Frieda, Theodul 1911-1987 und Rosa 1916-1998, alle bleiben ledig
1966 Alois Aschwanden 1918-2002, Hinterbärchi verh. mit Anna Arnold
1982 Josef Aschwanden 1953-, Hinterbärchi (Sohn) verh. mit Luzia Kempf

Der Betrieb Unterbärchi

Foto 002442         Wer das Haus in der Unterbärchi gebaut hat, ist nicht bekannt. Obwohl Nikolaus Aschwanden, oder dessen Sohn als Bauern, Säger und Transportunternehmer vermutlich die finanziellen Mittel hatten, ist es unwahrscheinlich, dass sie bauten. Das Haus ist zwar nicht gross, aber nur für gelegentliches Benutzen eher zu aufwändig. Die Unterbärchi liegt ja nur eine halbe Stunde Fussweg von ihrem Wohnsitz in Bauen. Es ist unwahrscheinlich, dass das Haus aus der Zeit stammt, als die Unterbärchi noch einem Vorbesitzer gehörte. Über 250 Jahre alt scheint es nicht zu sein.
Es kommen als Bauherren also eigentlich nur die Familie Franz Maria Imhof Vater, Dominik und Franz Imhof Söhne  von Flüelen in Frage, die um 1900 bis 1923 Besitzer der Unterbärchi sind. Von Sohn Franz Imhof weiss man aus den Gerichtsprotokollen zur Tötung von Johann Aschwanden durch Josef Jauch, dass er bis zu seinem Tod mit Frau und Tochter in der Unterbärchi wohnt.

Foto 07694

Damals wird der Weg von der Isleten über den Harder noch viel gegangen. Das Wegrecht führt in der Unterbärchi an Stall und Haus vorbei hinauf zum Grit-Gädeli und von dort durch den Wald bis unten an die Wiese der Mittleren Bärchi.

Foto 002439     Der Stall in der Unterbärchi, erbaut 1878.

Foto 18690             Illustration zu  Grundbuchauszug Rechte und Pflichten:

a) Holzreistrecht vom Gallustag bis 1. Mai aus dem Eigenwald der vorderen Bärchi B.11 durch die untere Bärchi B.10, daselbst durch die Harderkähle auf Allmend an den See.
b) Holztransportrecht vom Gallustag bis 1. Mai von den Gütern hintere, mittlere u. vordere Bärchi durch unter Bärchi B.10, daselbst durchs Grit gegen Harder.

Foto 004821           Beim Reisten durch die Harderkähle rutschte das Langholz fast senkrecht hinunter, direkt in den See.

Foto 18689              Münze von 1799 – 4 Franken

Kriegerische Ereignisse auf der Unterbärchi

Ende April 1799 kam es in Uri zum Aufstand gegen den helvetischen Staat. Die Besatzungstruppen wurden überrumpelt und und umgebracht, teils gefangen genommen oder vertrieben. Am 8. Mai 1799 schritten die Franzosen zum Gegenangriff. Im Rahmen dieser Ereignisse spielte Isenthal eine besondere und beachtliche Rolle. Seine Wehrmannschaft hatte nämlich den Auftrag, mit eigener Kraft das Tal zu verteidigen und den Einbruch dem Landweg entlang zu verhindern.

Isenthaler verwehren den Franzosen den Weg über die Bärchi

Die Isenthaler hatten den Aufgang von Bauen zur Bärchi mit Hindernissen belegt und auch, gleich wie bei der Schlacht von Morgarten, Steinstürze vorbereitet. Ihre Mannschaft betrug 40 der besten Schützen des Landes und 50 Landsturmmänner.
In der Tat wurde das Tal am 8. Mai früh morgens von Bauen aus von zwei Kompanien angegriffen. Alle Annäherungen wurden abgewehrt. Dabei fiel der Meisterschütze des Tales Joseph Echser. Am folgenden 9. Mai erfolgten die Angriffe auch von der Isleten her gegen das Chääppeliegg. Auch hier hielten die Isenthaler den Angriffen stand und nehmen mehrere Franzosen gefangen. In den eigenen Reihen fielen die SchützenAndreas Huber und Joseph Aschwanden. Der Ortspfarrer Josef Andreas Imholz handelte danach eine annehmbare Kapitulation aus, die besagte, dass das Isenthal nicht entwaffnet wurde.

(nach Hans Stadler-Planzer: Das Schicksal der Isenthaler während der Franzosenzeit, Vortrag in der Kapelle Gitschenen vom 31. Okt. 1999)

Foto 002452                  Heute wird die Unterbärchi von der Hinterbärchi aus betrieben. Dank dem privaten Strässchen kann das Heu mit dem Ladewagen hinauf zur Hinterbärchi transportiert werden. In der Öko-Fläche im Band wird vollständig von Hand gearbeitet. Das Heu muss zur geossen Wiese hinaufgetragen werden.